Zu Besuch bei den Sikhs

Eigentlich gehe ich in den Sikhs-Tempel nur, weil er in der Nähe meiner Unterkunft liegt und mir die goldenen Zwiebelkuppeln von weitem aufgefallen waren.

Der Gurudwara Bangla Sahib im Herzen von Delhi, einer von mehreren Heiligtümern der Sikhs in Delhi.
Besonders auffällig: die goldenen Kuppeln. Sie erinnern mich an orthodoxe Kirchen.

Weltweit zählen laut Wikipedia  25 bis 27 Millionen Menschen zu den Sikhs. Die meisten davon leben im Norden Indiens, im Bundesstaat Punjab. Am auffälligsten sind die Männer zu erkennen, weil sie eine gebundene Kopfbedeckungen, häufig in auffällig bunten Farben, tragen.

Sikhs-Männer tragen immer einen Turban auf dem Kopf, meistens auch sehr bunt.

Doch was macht diese Religion eigentlich aus?

Schon beim Betreten des Geländes spürt man, hier ist irgendwas anders. Es ist eine angenehme Atmosphäre, die Menschen sind offen, die Frauen selbstbewusster. (Tatsächlich glauben Sikhs an die Gleichheit aller Menschen, ihre Begründer lehnten das Kastenwesen ab). Die Musik aus dem Heiligtum ist auf dem ganzen Gelände zu hören.

Zuerst heißt es, Schuhe ausziehen und Füße waschen. Im Tempelbereich müssen alle barfuß gehen und eine Kopfbedeckung tragen.

Auch außerhalb des Heiligtums sitzen viele und halten ihre Andacht. Die Musik von drinnen ist auch draußen zu hören. Innen dürfen leider keine Fotos gemacht werden.
Diese Pilgerinnen kommen aus dem Bundesstaat Punjab. Sie möchten sich unbedingt mit mir fotographieren lassen. Auffällig sie tragen Kleider, keinen Sari, keine Kurti (langes Oberteil). Außerdem weisen sie mich darauf hin, unbedingt meinen Schal über den Kopf zu tragen und mir eine Opfergabe zu besorgen.
Hier gibt es für 20 Rupies eine Opfergabe zu kaufen, was das genau ist, habe ich nicht gesehen.

Auf den ersten Blick erinnert mich der Besuch des Sikhs-Heiligtum mehr an den einer Moschee als an den eines hinduistischen Tempels.  Die Sihks verehren einen gestaltlosen Schöpfergott, der weder Mann noch Frau ist. Es geht nicht um die Einhaltung religiöser Dogmen, sondern darum, religiöse Weisheiten im Alltag umzusetzen.  Ingesamt gibt es zehn Gurus, die im 16/17. Jahrhundert lebten und die Glaubensinhalte entwickelten.

Gleich neben dem Heiligtum gibt es ein großes Wasserbecken, auch Sarovar genannt. Der Legende nach soll das Wasser des Brunnens heilende Wirkung haben und wird deshalb von den Sikhs gerne mit nach Hause genommen.

Eine schöne Geste: Pilger bekommen Wasser gereicht.

Fast noch beeindruckender als das Heiligtum sind die Räumlichkeiten nebenan. In dieser Großküche wird jeden Tag für 20 000 Pilger gekocht.

Hier kochen viele Ehrenamtliche für die Pilger.
Gemeinschaftsarbeit: Teig zubereiten und auswellen für die indischen Fladenbrote.
Massenproduktion: Fladenbrote
Speisekammer: Essensvorräte

Stolz zeigt mir ein Mitarbeiter die Speisevorräte. „Alles Spenden“, erzählt er glücklich.

Indien in Feierlaune

Als ich am Montagmorgen ins Büro komme, strahlt Sani, die Praktikantin, übers ganze Gesicht. Außerdem trägt sie einen Sari. Das tut sie sonst nicht. „Ich gehe heute Abend noch zu einer Durga Puja-Feier“, erzählt sie fröhlich. Durga Puja ist das hinduistische Fest zur Ehren der Göttin Durga. Ursprünglich kommt das Fest aus Bengalen, heute das Gebiet von Kalkutta und Bangladesch. Unter dem Namen  Navarati wird es auch in anderen Landesteilen gefeiert. (Wie genau, werde ich noch berichten).

Die Göttin Durga ist im Hinduismus eine der beliebtesten Göttinnen, obwohl ihr Name die schwer Zugängliche bedeutet. Sie gilt als die Göttin der Vollkommenheit und wird gern als Töterin des Büffeldämons dargestellt.

Schon seit Wochen wurde  mir immer wieder angekündigt: diese Jahreszeit ist besonders, es ist die Feiertagssaison. „Es ist wie bei euch die Advents-und Weihnachtszeit“, versuchten mir einige Inder, die schon in Deutschland gelebt haben, zu erklären. Die Menschen sind fröhlicher, man ist viel mit der Familie zusammen, beschenkt sich.  Manche nutzen die Feiertage auch für Kurztripps. Begonnen hat die Saison im September mit #Ganesh Charturthi, nun ist das neuntägige #Navratifest dran, bevor im November das Lichterfest #Diwali den Zyklus beendet.

Geschäftsidee: Diwalikuchen soll das Leben versüßen, gesehen beim US-Kaffeeanbieter Starbucks

Ähnlich wie die Weihnachtszeit in Deutschland, ist auch in Indien die Feiertagssaison auch eine Zeit des Konsums. Banken werben mit besonderen Krediten, hoffen auf konsumfreudige Kunden aus der indischen Mittelschicht.

Zur Festivalssison bieten Banken besondere Kredite an, um die Konsumlaune der indischen Mittelschicht zu fördern

In diesem Jahr setzt die indische Autoindustrie hohe Erwartungen in die Feiertage, berichtet die englischsprachige Ausgabe der HindustanTimes. In den letzten drei Monaten seien die Umsätze nicht so gut gewesen, so das Blatt, nun hoffen die Autobauer auf eine gute Festsaison. Ein eigenes Auto zu besitzen, ist der Traum vieler Inder.

Auch Indiens vielfältige Zeitungslandschaft lebt von der Festsaison.

Auch Zeitungsmacher und -Verlage schauen gespannt auf die Festsaison. Die rund 280 Millionen Zeitungen, die täglich in Indien gedruckt werden, leben hauptsächlich vom Anzeigengeschäft. Doch wie auch in Deutschland haben Verleger mit sinkenden Auflagen, steigenden Kosten und dem Überleben ihrer Blätter zu kämpfen. Läuft das Anzeigengeschäft während der Festtage gut, sichert uns das die Existenz unserer Zeitung, hatte uns vor Wochen der Chefredakteur einer der größten Zeitungen des Landes verraten.

Indien lieben Zeitunglesen

Durga Puja dauert noch bis kommenden Freitag. An dem Tag wird auch nicht gearbeitet. „Wir kommen dafür am Samstag ins Büro“, erzählt mir die Sekretärin. Die Arbeit müsse doch trotz der Feiern erledigt werden.