„Wissen Sie, was das für Waffen sind in diesem Schrank?“ möchte der Touristenführer im Victoria Memorial in Kalkutta wissen. Das Denkmal ist in der ostindischen Metropole eines der meistbesuchten Bauwerke. Es stammt aus der Zeit als die Briten in Indien das Sagen hatten.
„Es sind deutsche Waffen“, erzählt der Museumsführer weiter, wobei er sich im Vorfeld vergewissert hat, ob unter den rund 30 Teilnehmern seiner Tour auch Deutsche sind. „Die Waffen haben unsere indischen Soldaten den Deutschen abgenommen“, fährt er fort mit etwas Stolz in der Stimme. „Indien kämpfte auf Seiten der Briten im Ersten Weltkrieg. Rund 70000 indische Soldaten starben“, so seine Erklärung. Nun ist das Erstaunen in den Gesichtern der Zuhörer groß.
Mehr als 1,3 Millionen Inder soll Großbritannien zum ersten Weltkrieg für seine Armeen rekrutiert haben. Um an sie zu erinnern, ließen die Briten in Neu-Delhi das India Gate errichten. Laut Wikipedia sollen darauf die Namen von 90000 indischen und britischen Soldaten geschrieben sein. Alles Opfer des 1. Weltkriegs.
Eigentlich bräuchte ich an dieser Stelle nicht viel zu sagen, sondern die Bilder für sich sprechen lassen. Nur soviel, ich kann nachvollziehen, warum Mussourie für viele ein beliebtes Reiseziel geworden ist.
Vor fast 200 Jahren wurde der Ort von den Briten als sogenannte Hill Station, als Rückzugsort während der heißen Sommermonate eingerichtet. Knapp 280 Kilometer von Delhi entfernt, liegt die Stadt auf knapp 2000 Höhe, am Rande des Himalayas. Von hier aus hat man nicht nur einen schönes Blick auf einige schneebedeckte Berge, sondern kann sicherlich auch wunderbare Touren unternehmen. Dafür war ich leider zu kurz da. Auch George Everest, der Namensgeber des nach ihm benannten Bergs wohnte in der Nähe der Stadt.
In Mussourie gib es auch viele Schulen. Es soll ein beliebter Ort sein zum Hindilernen.
Heute ist die Stadt ein beliebtes Ausflugsziel für die indische Mittelschicht. Das ist absolut nachvollziehbar und beim Blick auf die Berge habe auch ich einen weiteren Ort auf meiner wish-to-do-Wunschliste.
Als ich am Montagmorgen ins Büro komme, strahlt Sani, die Praktikantin, übers ganze Gesicht. Außerdem trägt sie einen Sari. Das tut sie sonst nicht. „Ich gehe heute Abend noch zu einer Durga Puja-Feier“, erzählt sie fröhlich. Durga Puja ist das hinduistische Fest zur Ehren der Göttin Durga. Ursprünglich kommt das Fest aus Bengalen, heute das Gebiet von Kalkutta und Bangladesch. Unter dem Namen Navarati wird es auch in anderen Landesteilen gefeiert. (Wie genau, werde ich noch berichten).
Schon seit Wochen wurde mir immer wieder angekündigt: diese Jahreszeit ist besonders, es ist die Feiertagssaison. „Es ist wie bei euch die Advents-und Weihnachtszeit“, versuchten mir einige Inder, die schon in Deutschland gelebt haben, zu erklären. Die Menschen sind fröhlicher, man ist viel mit der Familie zusammen, beschenkt sich. Manche nutzen die Feiertage auch für Kurztripps. Begonnen hat die Saison im September mit #Ganesh Charturthi, nun ist das neuntägige #Navratifest dran, bevor im November das Lichterfest #Diwali den Zyklus beendet.
Ähnlich wie die Weihnachtszeit in Deutschland, ist auch in Indien die Feiertagssaison auch eine Zeit des Konsums. Banken werben mit besonderen Krediten, hoffen auf konsumfreudige Kunden aus der indischen Mittelschicht.
In diesem Jahr setzt die indische Autoindustrie hohe Erwartungen in die Feiertage, berichtet die englischsprachige Ausgabe der HindustanTimes. In den letzten drei Monaten seien die Umsätze nicht so gut gewesen, so das Blatt, nun hoffen die Autobauer auf eine gute Festsaison. Ein eigenes Auto zu besitzen, ist der Traum vieler Inder.
Auch Zeitungsmacher und -Verlage schauen gespannt auf die Festsaison. Die rund 280 Millionen Zeitungen, die täglich in Indien gedruckt werden, leben hauptsächlich vom Anzeigengeschäft. Doch wie auch in Deutschland haben Verleger mit sinkenden Auflagen, steigenden Kosten und dem Überleben ihrer Blätter zu kämpfen. Läuft das Anzeigengeschäft während der Festtage gut, sichert uns das die Existenz unserer Zeitung, hatte uns vor Wochen der Chefredakteur einer der größten Zeitungen des Landes verraten.
Durga Puja dauert noch bis kommenden Freitag. An dem Tag wird auch nicht gearbeitet. „Wir kommen dafür am Samstag ins Büro“, erzählt mir die Sekretärin. Die Arbeit müsse doch trotz der Feiern erledigt werden.
Der Hinduismus ist eine der Religionen, die ich bislang am wenigsten verstehe und zu denen ich bisher auch kaum Zugang hatte. Das heißt, irgendwie ist der Hinduismus -oder das, was ich davon mitbekommen auch wiederum einfach zu erklären: es gibt eine Vielzahl an Götter, wohl rund drei Millionen, und jeder sucht sich den aus, der eben passt. So hat jede Familien ihren Gott und es gibt auch durchaus regionale Unterschiede. Dafür kein Papst, der sagt, wo‘s langgeht, keine Dogmen, keine organisierte Kirche, viele Freiheiten, so wird mir gesagt. Das ist es wohl, was viele Westler am Hinduismus schätzen, kein Gott, der den alleinigen Anspruch hat, der einzig Wahre zu sein.
Doch wie lebt es sich praktisch mit den vielen Göttern? Egal, ob in Chennai, Mubai, Delhi oder auf dem Land, überall gibt es Götterstatuen auf den Straßen. Menschen gehen vorbei, zünden eine Kerze an, halten ihre Andacht.
Ist die Wohnung auch noch so klein, der Altar darf nicht fehlen. Selbst in den Slumwohnungen, wo sich manchmal 5,6 und mehr Menschen auf weniger als zehn Quadratmeter zusammenpferchen, zeigten mir die Frauen ihre Hausaltäre.
Wie unterschiedlich die Tempel sein können, erfahre ich bei unserer Stadtführung in Bengalore. Hier im Herzen der Stadt, die 1537 gegründet wurde, steht dieser Bullen-Tempel. Er ist Nandi geweiht, dem Reitbullen des Gottes Shiva. (leider dürfen im Tempel keine Fotos gemacht werden, so dass der vier Meter große Steinbulle hier nicht gezeigt werden kann). Shiva ist neben Brahma und Visnu einer der Hauptgötter des Hinduismus und Teil der hinduistischen Trinität. Gilt Brahma als der Schöpfergott und Vishnu als Gott der Erhaltung, ist Shiva der Gott der Gegensätze. Denn er gilt einerseits als Zerstörer, zugleich ist er die Ursache der Schöpfung. Denn ohne Zerstörung des alten Zyklus, kann keine neue Schöpfungsperiode entstehen, so das Denken. Shiva verfügt über vier Arme, hat drei Augen und sein Körper ist voll und ganz mit Asche eingerieben. In den beiden rechten Händen trägt er einen Dreizack sowie eine Trommel.
Zu jedem Tempel gehören Priester, die direkt am Tempel wohnen. Priester kann nur werden, wer der Brahmanenkaste angehört. Also nicht aus Überzeugung, spiritueller Erfahrung, sondern nur durch Erbe.
Doch der eigentliche Grund, warum der Tempel an dieser Stelle steht, liege an dem Baum, einer Banyan-Feige, die vor dem Tempel steht, erklärt mir der Führer. „Frauen mit Kinderwunsch, die nicht schwanger werden können, kommen hierher, um zu beten“, so die Erklärung. Meistens helfe das auch, fügt er hinzu. Tatsächlich ist der Baum auch bei unserem Besuch gut besucht. Ganze Familienclans sind gekommen, um hier zu picknicken. Wunschbäume, sogenannte Kalpavriksha, spielen in Hinduismus wie auch im Buddhismus eine wichtige Rolle.
Für die Männer gebe es dafür andere Rituale, erzählt uns der Reiseführer weiter. Wer sich etwa ein neues Auto kaufe, opfere Zitronen, grüne Chilli oder eine Kokosnuss, um ein gutes Omen für das Auto zu erbeten. Klingt nach mächtig viel Aberglauben. Ob es wirklich hilft, im indischen Verkehrschaos unfallfrei zu bleiben?
Ein weiteres Ritual sind die weißen Kreide-Zeichnungen vor vielen Türen. Auch sie sollen Böses abhalten.
Nur wenige Kilometer vom Bullentempel entfernt, befindet sich der Gavi Gangadhareshwara Tempel. Hinter dem fast unaussprechbaren Namen befindet sich einer der ältesten Tempel von Bangalore. Er befindet sich auf einem höhlenartigen massiven Steinblock, den man nur gebückt begehen kann. Als der Tempel vor 500 Jahren erbaut wurde, gelang es den Baumeistern mit Hilfe zweier Steinplatten, die Sonne so einzufangen, dass sie an bestimmten Tagen im Jahr direkt auf den Schrein zielt.
Vor dem Tempel tummeln sich die Händler: Kokosnüsse, Bananen, Blumen sind Opfergaben.
Delhi ist nicht die einzige Stadt in Indien mit einer muslimischen Bevölkerung. Weltweit gesehen ist Indien das drittgrößte muslimische Land, auch wenn sie innerhalb des Landes mit ungefähr zehn Prozent eine Minderheit darstellen. Doch bevor die Briten Indien regierten, herrschten in Nordindien die Moghulen. Ihre Geschichte hier geht einige Jahrhunderte zurück. Heute sind die Denkmäler über die ganz Stadt verteilt, doch vor allem Dehlis Altstadt erzählt die Geschichte einer anderen Zeit.
Nicht weit davon entfernt erhebt sich die Jama Masjid Moschee, eine der größten in Indien. Leider können wir nicht hinein, weil gerade Gebetszeit ist. Aber drumherum haben sich viele Händler angesiedelt.
Doch unvergesslich, die Fahrt dahin. Denn kaum losgefahren, startete der TukTukfahrer seine Stereoanlage. Auch sonst ist sein „Service“ sehr individuell, wie viele seiner Kollegen fährt auch er ohne zu bremsen und schließlich bringt er uns nicht wie vereinbart zur Moschee, sondern nur in deren Nähe.
Unweit der großen Moschee, das Rote Fort. Bis 1856 war es der Regierungssitz der Moghulen. Von hier aus regierten sie Nordindien. Danach zogen die Briten hier ein. Noch heute wird am Indischen Unabhängigkeitstag hier die Flagge gehisst und Präsident Modi hält auf der Empore seine Rede zur Nation.
Auch zur Zeit der Moghulen wurden die Toten außerhalb der Stadt begraben. So liegt auch Humayuns Mausoleum gut zwei Kilometer von der einstigen Stadtgrenze entfernt. Das Grab des Moghulenherrschers wurde von dessen Frau in Auftrag gegeben und gilt als Vorläuferbau für das berühmte Taj Mahal.
Was mir bislang nicht bewusst war, das Mausoleum liegt unweit eines der Gräber eines der wichtigsten Suffi-Heiligen des indischen Subkontinents, Nizamuddin Auliya. Leider gilt im Schrein Fotografierverbot, aber schon der Weg dahin, ist spannend….